Ein poetischer Blick auf das Weltgeschehen
Die Welt, wie wir sie heute sehen oder beschrieben bekommen
schein oftmals grau und stumpf zu sein.
Die Welt, wie sie früher mal gewesen sein musste, wird uns
aber in all ihren schillernden Facetten beschrieben.
Ist es möglich, dass diese Farben bzw. eben nur Grautöne von
der Erzählweise, in der uns Texte die Welt zu beschreiben versuchen herrührt?
Ist es möglich, dass ein Poet, ein Lyriker es besser vermag
ein Umfeld, eine Welt bunt und schön zu gestalten als ein Autor, welcher nur
prosaische Mittel benutzt?
Nathanael aus E.T.A. Hoffmanns „Der Sandmann“ würde diese
These wahrscheinlich sofort unterstützen. Am Beispiel von Olimpia führt er an,
dass nur ein poetisches Gemüt ihre wahre Schönheit, ihre wahre Liebe und die
wahre Aussage ihrer Worte verstehen kann.
Nun stellt sich doch natürlicherweise die Frage, ob diese
wahre Schönheit der Olimpia, wie sie sich nur einem poetischen Gemüt, einem
poetischen Menschen offenbart nicht auch auf andere Dinge anzuwenden ist.
In vielen Menschen steigt ein fast schon wehmütiges Gefühl
auf, wenn sie sich alte Texte (z.B. eine Ballade eines mittelalterlichen
Minnesängers) durchlesen.
Auch die antike Welt, in welcher die Römer und Griechen
lebten scheint uns verheissungsvoll. Nicht grundlos eiferten die Menschen in
der Renaissance den antiken Texten, der antiken Kunst nach.
Auch die mittelalterliche Welt, eine zweifellos von Schmutz
und Dreck, von Blut und Leid getränkte Umwelt scheint eine gewisse Anziehungskraft
zu besitzen, scheint auf eine Art romantisch zu sein.
Woran, wenn nicht an diesem Wehmut, soll es denn sonst
liegen, dass jährlich tausende und abertausende Menschen auf Mittelalterfeste
pilgern, um ein Wochenende in einer ganz anderen Welt zu verbringen, einmal in
eine schwere, unhandliche Rüstung aus Stahl zu steigen, einmal richtig
ausgelassen feiern zu können ohne sich um Tischmanieren scheren zu müssen?
Woran soll es liegen, dass viele Leute Tagesausflüge nach Augst oder Windisch,
bzw. Augusta Raurica und Vindonissa unternehmen um einmal oder auch mehrmals in
die Welt der römischen Legionäre und Gladiatoren einzutauchen?
Schlussendlich bleibt noch eine einzige Frage im Raum
stehen:
Wodurch wird diese Faszination, dieser Wehmut für lange
vergangene Zeiten und Geschichten, welche doch irgendwie von Entbehrung geprägt
zu sein scheinen hervorgerufen?
Ist es der unstillbare Wissensdurst des Menschen nach seiner
Vergangenheit?
Ist es die Tatsache, dass wir Menschen scheinbar nie mit der
Welt, dem Umfeld in dem wir leben zufrieden sind?
Oder liegt es tatsächlich daran, dass poetische Texte in uns
mehr Gefühle zu wecken, uns schönere Welten beschreiben können als prosaische?